Die meisten Kaninchen stören Fäden, die aus Nähten herausstehen. Manche Operationen erfordern jedoch die Beständigkeit einer Naht und eine Heilungszeit von mehreren Tagen. Nach der Kastration eines Weibchens oder anderen Bauchoperationen zum Beispiel sollte man seinen Patienten gut beobachten, denn manche Kaninchen gehen an die Wunde und ziehen sich die Fäden der Naht unbemerkt innerhalb von wenigen Minuten. Um dies zu verhindern, gibt es zwei grundlegende Arten von Schutz:
Der Body
Beim Body passiert der Schutz durch Abdecken der Naht, sodass Kaninchenzähne eine Lage Stoff durchtrennen müssten, um an die Nähte zu gelangen. Die einfachste Variante stellt der selbstgebastelte Body dar. Bei Zwergkaninchen kann man ihn mit einer (Männer-)Sportsocke herstellen, indem man diese zerschneidet und einen Schlauch herstellt. Der Anzug muss recht eng anliegen, besonders am Hals, sonst ziehen sich die kleinen Künstler schnell wieder aus. Folgendes „Schnittmuster“ hat sich bewährt:
Da die Kaninchen nach einer OP meist noch benommen sind, kann man den Anzug am Kaninchen anpassen oder zumindest anhalten und grob die Löcher schneiden. Bei größeren Kaninchen empfiehlt sich als Body ein Ärmel eines Tops/ Sweatshirts oder das Bein einer Strumpfhose/Leggins. Beim Tierarzt sind außerdem Katzenbodys erhältlich. Diese müssen nicht mehr angepasst werden, können aber aufgrund der anatomischen Abweichung zu einer Katze weniger gut passen. Vorteil eines Bodys: Die Aufnahme des Blinddarmkotes bleibt gewährleistet, die Kaninchen können sich weiterhin putzen und sind nicht eingeschränkt im Fress-/Trinkverhalten.
Komplikationen beim Body: Manche Kaninchen stört der Body so sehr, dass sie beständig an ihm reißen, bis sie ihn kaputt haben und ausziehen können. Bei schlechtem Sitz der geschnittenen Löcher kann der Body an der Haut reiben und Schürfstellen verursachen.
Der Trichter
Der Trichter gewährleistet den Schutz der Naht insofern, dass er das Knabbern und Lecken des Tieres durch eine Barriere (das Plastik des Kragens) verhindert. Die meisten Tierärzte haben nur Kragen für Hund und Katze da. Es gibt jedoch auch spezielle Kaninchenkragen, die der Arzt bestellen kann. Muss doch auf eine Katzenhalskrause zurückgegriffen werden, empfiehlt sich die kleinste Größe zu nehmen und diese speziell auf das Kaninchen zuzuschneiden. Die richtige Größe ist absolut erforderlich, da sonst kein Heu aufgenommen werden kann oder das Futter komplett verweigert wird. Hier gilt das Plastik ca. 2-3 cm länger als das Ende der Nase zurück zu schneiden. Das Anlegen einer Halskrause sollte man sich zunächst vom Tierarzt zeigen lassen, denn die richtige Enge/Weite der Schlinge um den Hals zu finden, ist am Anfang schwer abzuschätzen. Bei zu weit eingestellter Schlinge kann sich das Kaninchen beim Versuch den Trichter auszuziehen strangulieren – bei zu enger Schlinge wird der Hals eingeschnürt. Als Band um den Hals muss unbedingt etwas nicht (!) elastisches genommen werden, zum Beispiel eine nicht elastische Mullbinde. Diese sitzt gut, wenn noch ein Finger in die Schlinge passt. Vorteil: Beim richtigen Sitz des Trichters ist kein Ausziehen möglich. Nachteile: Viele Kaninchen geraten in Panik, sobald sie den Trichter aufhaben. Wenn diese Scheu über das ungewohnte Gefühl nicht nach 20 Minuten langsam vergeht und die Kaninchen konstant unter erhöhtem Stress leiden, sollte man über eine andere Art des Nahtschutzes nachdenken. Außerdem können Kaninchen mit Trichter keinen Blinddarmkot mehr aufnehmen und sich auch nicht mehr putzen. Oftmals bleiben sie mit dem sperrigen Kragen an Eingängen zu Häuschen hängen, welche man dann für diese Zeit herausnehmen sollte.
Die richtige Methode muss man für jedes Kaninchen speziell auswählen. Auch hier gilt es sein Kaninchen genau zu kennen und zu beobachten.
Abgesehen von Kaninchenzähnen können auch externe Umstände die Naht am Heilen hindern. Vor allem sind hier Schmutz oder dreckige Einstreu zu nennen, die besonders bei Bauchnähten gerne dort verkleben. Deshalb sollten sowohl die Toilettenschalen, als auch der Untergrund, auf dem die Kaninchen leben, für mindestens 2 Tage hygienisch sein, das heißt beispielsweise Küchenrolle oder Handtücher in die Klos legen anstatt Einstreu. Sollte ein nach allen Seiten abschließendes Pflaster die Wunde komplett verschließen, sind außer normaler Hygiene keine besonderen Vorsichtsmaßnahmen nötig. Kaninchen, die in Außenhaltung auf Erde oder Rindenmulch leben, sollte man nach einer Kastration für 2 Tage ins Haus nehmen, es sei denn man kann den Erdteil für 2 Tage mit Baumwolltüchern abdecken, sodass kein Schmutz an die Naht gelangen kann. Weiterhin können Fliegenmaden ein Problem darstellen, weshalb eine Wundkontrolle einmal am Tag durchaus notwendig ist.
Für den Fall der Fälle, wenn das Kaninchen sich tatsächlich die Fäden gezogen hat und die Wunde weit aufklafft, gilt als erste Regel: Ruhe bewahren. Als zweiter Schritt sollte Verbandmaterial gesammelt werden und die Wunde mit sauberen (!) Händen vorsichtig von grobem Schmutz, wie Heuhalmen, Böbbeln etc. , befreit werden. Dann die Wundränder so nah wie möglich wieder zusammenziehen, andrücken und mit einem möglichst sterilen Tuch/ Kompresse abdecken. Anschließend einen großflächigen Verband um das Kaninchen wickeln, dass die Abdeckung nicht abfallen kann. Behelfen Sie sich am einfachsten an Ihrem Verbandskasten aus dem Auto, falls sie keine sterilen Mullbinden oder Kompressen im Haushalt haben. Der Übeltäter sollte dann absolut nicht mehr an die Wunde gehen und es ist unverzüglich der Arzt aufzusuchen. Dort entscheidet sich, ob die Wunde erneut unter Narkose gesäubert und genäht werden muss oder ob das „Tackern“ der Naht ausreicht. Um eine Entzündung durch eingedrungenen Schmutz vorzubeugen, sollte mindestens fünf Tage lang ein Antibiotikum verabreicht werden.
Der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, dass es auch durchaus Kaninchen gibt, die sich nicht an Nähten oder Pflastern stören. Jedoch ist zur Vorsicht zu raten, denn man kann nicht immer einschätzen, was der Hoppel macht, wenn es nachts allein ist und sich langweilt.
Autor: stoffine@web.de