Viele Kaninchenhalter, die zwar keinen Garten, aber einen Balkon oder eine Terrasse besitzen, stellen sich die Frage, ob ihre Mitbewohner ihr Leben nicht lieber an der frischen Luft verbringen möchten. Balkonhaltung ist – richtig und vor allem artgerecht umgesetzt – eine sinnvolle Alternative zur herkömmlichen Außenhaltung. Unter Balkonhaltung ist aber keinesfalls ein handelsüblicher Außenstall oder gar ein Käfig auf einem Balkon mit stundenweisem Auslauf zu verstehen. Es gelten die gleichen Anforderungen an den Platzbedarf und an die Sicherheit wie bei einem Gartengehege, d.h. zwei Kaninchen in Außenhaltung benötigen eine unverstellte Fläche von 8 m² zur dauerhaften und freien Verfügung rund um die Uhr.
Wann können Kaninchen nach draußen umziehen?
Die Kaninchen sollten spätestens bis Ende August an die Außenhaltung gewöhnt werden. Sie dürfen dann nicht mehr zum Streicheln oder Spielen ins Haus geholt werden – auch nicht für wenige Minuten. Die Temperaturschwankungen sind zu groß und die Gefahr einer Erkältung ist hoch. Beginnt man im Frühjahr mit der Außenhaltung, dürfen die Kaninchen hinaus, wenn die Temperaturen nachts nicht mehr unter 10 – 15° C fallen.
Ein sicheres Zuhause auf dem Balkon
Anders als in der Wohnung sind Kaninchen draußen mehr Gefahren ausgesetzt. Nicht nur dem Wetter gilt es zu trotzen, Fressfeinde wie Marder, Greifvögel oder Katzen machen auch vor Balkonen nicht Halt. Marder hangeln sich an Regenrinnen, Ästen oder Häuserwänden bis zum Dachstuhl hinauf und sollten in ihrem akrobatischen Geschick nicht unterschätzt werden! Natürlich gelangt ein Marder nicht unbedingt bis in den 10. Stock eines Hochhauses, jedoch sollten Balkone, die unmittelbar an Regenrinnen oder Bäumen gelegen sind, sowie Bauten mit griffigen Fassaden, bis mindestens in den 3. Stock gesichert werden.
Aus diesem Grund ist der Bau eines Geheges ratsam, das zu allen (!) Seiten hin und von oben durch Draht, Stein oder Holz gegen Eindringlinge gesichert ist. Es empfiehlt sich viereckiger, punktgeschweißter Volierendraht, idealerweise ab einer Stärke von 1,45 mm und mit einer Maschenweite, die nicht größer als 19 x 19 mm ist. Spalten oder Aussparungen im Balkongeländer sind mit beißfesten Materialien zu füllen. Als Grundregel gilt: Wo ein gekochtes Hühnerei hindurch passt, gelangt auch ein Marder hinein!
Das Balkongehege sollte eine Mindesthöhe von 60 cm haben, damit die Kaninchen auch Männchen machen können ohne sich die Ohren zu stoßen. Zum Reinigen sollte der Deckel aufklappbar sein, damit der Besitzer das Gehege bequem betreten kann.
Balkone, die für Marder oder Katzen nicht erreichbar sind, kommen mit etwas weniger Sicherung aus. Das Geländer muss aber dennoch bis auf eine Höhe von 1,20 m gesichert werden, damit die Kaninchen nicht im Übermut darüber springen und in die Tiefe stürzen. Dazu eignet sich z. B. ein drahtverstärktes Katzennetz.
Bei Veränderungen der Fassade oder anderen baulichen Maßnahmen sollte der Vermieter befragt werden. Sollte dieser nicht zustimmen, muss man die Sicherung so konstruieren, dass sie hinter dem Geländer verschwindet und von außen oder unten nicht sichtbar ist.
Gehege auf Dachterrassen müssen ebenso sorgsam gesichert werden, denn Greif- und Raubvögel kreisen auch über Großstädten. Ein Netz als Abdeckung des Geheges reicht keinesfalls aus. Jede Art von Leichtsinn oder Unachtsamkeit des Halters kann den Tod der Tiere bedeuten; dies darf man bei der Planung und Umsetzung nicht aus den Augen verlieren. Sind Sie sich unsicher, verwenden Sie lieber den starken Draht, um das Leben der Langohren nachhaltig zu schützen.
Wind & Wetter
Im Winter benötigen Kaninchen in Außenhaltung neben viel Platz zum Warmlaufen einen wind- und zugdichten Rückzugsort zum Schutz vor der Kälte. Diesen kann man mit einer dicken Schicht Stroh füllen, welches ein natürliches Dämmmaterial ist, das die Kaninchen sogar anknabbern dürfen. Kaninchen bevorzugen als Fluchttiere Ställe mit zwei separaten Ausgängen.
Keinesfalls sollte man die Kaninchen im Winter aus Mitleid einfach in die warme Wohnung holen. Die geheizte Wohnung wäre ein zu drastischer Temperaturumschwung für die mit Winterfell ausgestatteten Langohren. Bei ausreichendem Platzangebot zum Warmlaufen, einem Partner zum Ankuscheln und einem trockenen, dick gepolsterten Stall besteht für Kaninchen, die rechtzeitig an Außenhaltung gewöhnt wurden, keine Gefahr, in der mitteleuropäischen Klimazone zu erfrieren.
Gänzlich konträr verhält es sich dahingegen im Sommer, denn Kaninchen sind sehr hitzeempfindliche Tiere. Deshalb ist die Haltung auf einem Südbalkon während der Sommermonate keinesfalls anzuraten. Selbst unter Sonnensegeln, -schirmen oder Markisen staut sich die Wärme und führt nicht selten zum Hitzschlag.
Bei den meisten Balkonen oder Terrassen besteht der Bodenbelag aus Stein oder Beton. Das ist grundsätzlich für Kaninchen kein Problem, jedoch sollten auch Flächen zur Verfügung stehen, die einen etwas wärmeren Bodenbelag haben, um Blasenproblemen durch Liegen auf kalten Flächen vorzubeugen. Hier eignen sich Teppiche aus Baumwolle, die an einen regensicheren Platz gelegt werden können und die sich in der Waschmaschine reinigen lassen. Exzessives Annagen der Teppiche sollte jedoch unterbunden werden. In Punkto Nagen sollten desweiteren auch Fenster, Türen oder Paneele durch Anbringen von Leisten vor den Zähnchen geschützt werden.
Gehegeeinrichtung
Neben Platz und Gesellschaft benötigen Kaninchen auch Versteck- und Spielmöglichkeiten. Es gibt viele Möglichkeiten ein Balkongehege interessant einzurichten. Man kann einen Sandkasten als Buddelkiste aufstellen und diesen z. B. mit Spielzeugsand oder Einstreu füllen. Aneinander gestellte Pflanzringe ergeben eine tolle Röhre, die auch im Sommer schön kühl ist. Äste und Zweige zum drüber springen und annagen machen den Kaninchen ebenfalls viel Spaß. Natürliche Korkröhren aus dem Aquaristikbereich sind beliebte Verstecke, an denen die Kaninchen auch nagen können und die einfach mit heißem Wasser zu reinigen sind. Man kann auch erhöhte Sitz- und Liegeflächen anbringen, da Kaninchen Aussichtsplätze lieben. Weidenbrücken sind ebenfalls witterungsbeständig und können im Außengehege eingesetzt werden. Ansonsten sollte man darauf achten, dass alle Einrichtungsgegenstände wie z. B. Häuschen mit unbedenklichem Wetterschutz behandelt wurden (blauer Umweltengel).
Hier finden Sie Beispiele für die Gestaltung eines Kaninchengeheges:
- Gehege-Einrichtung
Insekten
Stechmücken übertragen lebensgefährliche Seuchen wie Myxomatose und RHD. Bitte lassen Sie Ihre Kaninchen in Balkonhaltung regelmäßig impfen! Kleine Wunden oder unsauberes Fell können Fliegen anlocken, die ihre Eier dort ablegen. Für ein mit Fliegenmaden befallenes Kaninchen kommt oftmals jede Hilfe zu spät! Kontrollieren Sie Ihre Kaninchen regelmäßig und achten Sie auf Sauberkeit. Ein Fliegengitter hält Mücken ab.
Eine gute Alternative zur Gartenhaltung
Der Vorteil einer Balkonhaltung ist, dass man auch im Winter stets Kontakt zu seinen Kaninchen hat. Natürlich muss man als Halter einige Kompromisse eingehen und verzichtet auf einen Teil des Balkons zur eigenen Nutzung.
Auf der folgenden Seite finden Sie weitere Anregungen für den Bau eines Balkongeheges:
Mein Balkongehege
Erfahrungsbericht einer Kaninchenbesitzerin
“Das Balkongehege meiner Außenkaninchen Emma und Felix wurde dreimal umgebaut, bis es zum heutigen Aufbau gelangt ist. Da die Wohnung im zweiten Stock gelegen ist, war ein penibles Sichern unumgänglich. Zunächst hatten wir mit Volierendraht die Vorderfront unserer Loggia komplett bezogen. So waren die Kaninchen sicher und wir konnten den Balkon aufrecht betreten. Leider zeigten die restlichen Eigentümer des Wohnblocks kein Verständnis für das Anbringen des Drahtes, sodass wir diesen wieder abnehmen mussten und einen großen, mit Volierendraht bespannten Rahmen bauten, der vom Geländer, an dem er befestigt war, schräg zum Fenster verlief. Von unten war er nicht sichtbar und die Miteigentümer zufrieden. Den Rahmen konnte man aufklappen, wenn man den Balkon aufrecht betreten wollte. Im Zuge einer Renovierung der Fassade des Wohnblocks wurden die Geländer der Balkone ausgetauscht, sodass unsere Rahmenkonstruktion nicht mehr an dem neuen Geländer befestigt werden konnte. Wir bauten deshalb einen Gehegekäfig von 60 cm Höhe und 4,5 m² Innenfläche. In dem Gehege steht ein selbstgebauter Stall mit aufklappbarer Tür und Plexiglasfront, der auf Füße gestellt ist, damit die Fläche darunter noch genutzt werden kann. Kaninchen fühlen sich wohler, wenn es zwei Ausgänge zum Fliehen gibt, deshalb hat unser Stall auch diese Möglichkeit.
Das Gehege ist weiterhin eingerichtet mit waschbaren Baumwollteppichen, die bei Bedarf ausgetauscht werden können. Ursprünglich lag PVC auf der Loggia, welcher aber nicht genügend Griffigkeit aufwies, sodass ich zum bequemeren Rennen die Teppiche auslegte. Weiterhin gibt es eine Kloschale, eine Heuraufe, einen Napf und verschiedenartige Spielzeuge wie Korkröhren, Häuschen, Heutunnel und sonstiges anknabberbares Zubehör. Im Winter dichte ich das Gehege mit dicken Wolldecken ab, damit der Wind nicht ganz so arg durchs Gehege weht und streue den Stall mit Stroh ein.
Für mich ist die Balkonhaltung eine sinnvolle Alternative zur herkömmlichen Außenhaltung, da der Kontakt zu den Draußenkaninchen gerade im Winter nicht allzu sehr verloren geht. Meine Kaninchen reagieren sogar, wenn man sie durch die Scheibe anspricht oder von innen mit ihnen gestikuliert. Auch wenn ich nichts anderes mehr als einen Klappstuhl auf meiner großen Loggia selbst benutzen kann, freut es mich doch zu sehen, wie gerne sich meine Kaninchen den Wind durch den Pelz wehen lassen und verzichte deshalb gerne auf den Luxus eines Balkons.”