Es gibt verschiedene Arten von Abszessen. Die häufigsten sind Abszesse, die durch Bissverletzungen, durch Nadeleinstiche bei der Medizingabe entstehen oder Abszesse im Kieferbereich durch Zahnprobleme.
Die Abszesse durch Bissverletzungen oder Nadeleinstiche sind meist abgekapselte Abszesse am Körper, die sich operativ gut entfernen lassen. Wenn der Abszess komplett entfernt werden kann, wird die Wunde vom Tierarzt verschlossen. Kann die Abszesskapsel nicht komplett entfernt werden, muss die Wunde offen gehalten und gespült werden, solange bis die Wunde von innen nach außen zugewachsen ist und kein Eiter mehr kommt. Unterstützend können in die Wunde Leukasekegel eingelegt werden. Diese kleinen Kegel desinfizieren die Wunde und töten die Bakterien ab.
Die weit schwierigere Art von Abszessen sind die im Kieferbereich. Diese werden meist durch Zahnprobleme hervorgerufen. Verursacher können lockere Zähne sein, Wurzeln, die nach außen wachsen oder das Kaninchen hat sich Futterreste in die Zahnfleischtaschen eingebissen, was die Entzündung hervorruft. Die Kaninchen haben hierbei oft starke Schmerzen und hören meist zu fressen auf. Auch hier muss man wieder unterscheiden, ob nur ein Abszess von außen vorhanden ist oder ob die Zähne mit betroffen sind. Normalerweise werden auch hier die Abszesse von außen gespalten und der Eiter ausgeschabt. Wenn bereits Zähne mit angegriffen sind, müssen diese gezogen werden. Diese oft großen Wunden müssen auch von innen nach außen zuwachsen. Dies erreicht man auch durch 2 x tägliches Spülen der Wunde und Einlegen von Leukasekegel. Um den entzündlichen Prozess einzudämmen, muss außerdem ein Antibiotikum gegeben werden. Sollte bereits der Kieferknochen mit angegriffen gewesen sein, muss darauf geachtet werden, dass ein knochengängiges Antibiotikum eingesetzt wird. Dies ist eine Methode, die zur Heilung angewandt werden kann.
Kaninchen nach einer Abszess-OP. Die Wunde wird nicht komplett verschlossen, damit der Eiter abfließen und die Wunde täglich gespült werden kann. (Quelle: stoffine@web.de)
Eine andere ist das Einnähen eines Septocollschwammes in die ausgeräumte Wunde. Dieser Schwamm ist mit dem Breitbandantibiotikum Gentamycin getränkt und besteht aus Pferdesehnen. Diese Schwämme werden auch in der Humanmedizin bei Knochenkrebspatienten eingesetzt. Der Vorteil hierbei ist, dass die Wunde nach dem Einnähen des Schwammes verschlossen wird und das für Mensch und Tier stressige Spülen komplett entfällt, da der getränkte Schwamm genau da wirkt, wo er gebraucht wird. Wenn bereits der Knochen angegriffen ist, ist ein weiterer Vorteil, dass sich der Schwamm mit dem Knochen verbindet und diesen stabilisiert. Das passiert durch die Pferdesehnen. Nach der OP hat unser Tierarzt noch zwei Mal je nach einer Woche die Wunde ein bisschen geöffnet, die noch kleinen Mengen von vorhandenem Eiter entfernt und ein bisschen Schwamm nachgeschoben. Die kleine Öffnung wurde danach geklammert. Dieser Eingriff kann ohne Narkose gemacht werden. Nach der OP bekommen die Kaninchen noch über einen gewissen Zeitraum jeden zweiten Tag Penicillin gespritzt. Der Schwamm verfestigt (verdichtet) sich in der Wunde und geht dadurch auch etwas zusammen, wodurch man dann eben nach einiger Zeit noch etwas von dem Schwamm nachschieben kann. Durch dieses Verfestigen stabilisiert er auch den Knochen. Einige Zeit nach der OP spürte man bei unserer Muffin unten am Kiefer einen harten Knubbel, wo der Schwamm war. Bei ihr ist vor der OP der Knochen schon gebröselt, wenn man nur mit dem normalen Schaber hinkam. Der Abszess war bei ihr so massiv, dass unser Tierarzt uns keine Hoffnung mehr machte und deshalb eben als letzten Versuch diesem „Experiment“ mit dem Schwamm einwilligte. Seitdem benutzt er den Schwamm regelmäßig bei Abszesspatienten und ist davon begeistert. Tierärzte können den Septocollschwamm über www.biomet.de beziehen. Auf der Internetseite der Firma kann man auch noch ausführlichere Infos über den Schwamm nachlesen. Unsere Muffin hat sofort nach der OP wieder selbstständig zu fressen begonnen, was natürlich auch ein ganz wichtiger Aspekt ist.
Muffin hat die OP gut überstanden und lebt noch ein Jhar ohne Abszess. Leider verstarb Muffin nach etwa einem Jahr auf Grund ihrer Pasteurellerkrankung.
Eine weitere Art der Abszessbehandlung ist eine ganz alt hergebrachte, die jetzt wieder neu entdeckt wird. Es handelt sich hierbei um das Ansetzen von Blutegeln an dem Abszess. Die Egel saugen den Eiter aus den Abszessen. Hier muss allerdings darauf geachtet werden, dass jeder Blutegel nur einmal angesetzt wird, da sonst die Bakterien und Keime übertragen werden können.
Oft ist es notwenig, dass man den Kaninchen in der ersten Zeit nach der OP noch geraspeltes Gemüse anbietet oder dass auch mit Critical Care, Dental Aid, RodiCare oder eingeweichten Heucobs zugefüttert werden muss. Als besondere Leckereien, die man nach OPs immer zu Hause haben sollte, gelten z. B. Karottengrün, Basilikum, Petersilie, Dill und Kohlrabiblätter, die man klein schneidet.