Die Geschichte von Nepomuk
Ende Februar 2012 zog Nepomuk, ein circa sechsjähriger Widderrammler, zu uns. Seine Pflegestelle hatte ihn bereits aufgegeben, beziehungsweise hatte sie ihn aufgeben wollen, da er, auf Grund seiner äußerlichen Erscheinung, nicht ihrem Idealbild eines Kaninchens entsprach. Der Tierschutzgedanke war gänzlich in den Hintergrund getreten und es galt nur noch, das Tier so schnell wie möglich loszuwerden, da es als „langweilig und hässlich“ bezeichnet wurde. So gelangte Nepomuk, liebevoll auch Nepi genannt, zu uns.
Der erste Eindruck den man von Nepi erlangte, wenn man ihn sich ansah, war katastrophal. Er hatte struppiges und lichtes Fell, die Haut darunter war stark gerötet, er war völlig eingenässt und bis auf die Knochen abgemagert.
Der erste gründliche Tierarztcheck bestätigte unsere Beobachtungen. Sowohl das äußere Erscheinungsbild (er wog 1,3 kg, heute wiegt er 1,75 kg und ist damit immer noch (zu) dünn), als auch das Blutbild deuteten auf eine Mangelernährung hin.
Durch ein Problem mit der Blase nässte er sich – wohl auch schon seit längerer Zeit – ein, wodurch seine Haut bereits stark gereizt war. Er schnupfte sehr stark und eine schwere Lungenentzündung konnte festgestellt werden. Zudem brachte er einen starken Milbenbefall und enorme Zahnprobleme mit. Die Schneidezähne zeigten eine starke Fehlstellung und die Backenzähne waren mit 0,5 cm langen Zahnspitzen „gesegnet“. Das Röntgenbild des Kopfes zeigte zudem sehr lange Zahnwurzeln und ein Veränderung am Kiefer. Ob es sich hierbei um einen Tumor oder einen Abszess handelt, war zum damaligen Zeitpunkt noch nicht bekannt. Ein Großteil des Kiefers war jedoch bereits aufgelöst, wobei eine erneute Verknorpelung bereits begonnen hatte, sodass der Kiefer sich wieder etwas stabilisierte. Die Kotprobe war, bis auf einem mittelschweren Hefebefall, unauffällig. Bei dem Ultraschall der Blase und der Urinuntersuchung konnte nichts festgestellt werden und auch das Thoraxröntgen war soweit unauffällig.
Von da an bekam er, wegen des Einnässens, Vitamin B und Panacur, da wir eine Vermutung in Richtung E.c. hatten. Die wunden Hinterläufe wurden mit Iodtinktur und Chloramphenicol-Pumpspray behandelt. Für den Schnupfen bekam er Bromhexin und es wurde mehrmals täglich inhaliert, gegen den Milbenbefall bekam er Ivomec. Zusätzlich bekam er ein Antibiotikum wegen der der Lunge und unterstützend etwas zum Aufbau der Darmflora. Unter hochdosiertem Schmerzmittel stand er selbstverständlich auch.
Von da an ging es stetig bergauf. Er wurde munterer und sein Fell war weniger licht. Er begann langsam wieder selbstständig auch ungeraspeltes Futter aufzunehmen und reagierte wieder mehr auf seine Umwelt. Sicher kam es zwischendurch zu Rückschlägen, aber er hat sich immer wieder hochgekämpft.
Langsam konnten wir ihn konstant auf einem narkosefähigen Level halten, sodass am 21.03 ein CT gemacht werden konnte. Dieses zeigte, dass der Abszess einen Großteil des Kiefers einnimmt und irreparabel ist. Gleichzeitig wurde, wie er in Narkose lag, eine Grundsanierung der Zähne vorgenommen.
In den nächsten Wochen galt es genau zu beobachten, ob der Abszess wächst, was nicht der Fall war. Langsam wurde die Menge an Schmerzmittel heruntergefahren und ausgetestet, ob sein Verhalten sich dadurch verändert. Auch dies war nicht der Fall. Sein Zustand verbesserte sich immer weiter. Sein Fell wurde besser, auch wenn er noch lang nicht wieder gut aussah, und er wurde immer munterer und agiler.
Am 30.03.2012 konnten wir ihn mit Picasso vergesellschaften. Die beiden waren sofort ein Herz und eine Seele.
Wie man sieht war sein Fell auch damals noch sehr licht und er sah alles andere als gesund aus. Doch von da an ging es ihm von Tag zu Tag besser. Er wurde immer munterer und agiler und erschien immer glücklicher.
Heute (24.04.2012), zwei Monate nachdem er zu mir gekommen ist, ist er noch immer munter und ist kaum noch wiedererkennbar. Er hat ein (fast) strahlendweißes Fell bekommen, erkundet mit Freude seine Umwelt und lebt friedlich mit seinen Freunden Picasso und Gretel zusammen in einem Innengehege.
Ich bin froh, dass er zu mir gekommen ist und hier eine Chance bekommen hat, ohne Schmerzen weiterleben zu können. Doch es macht mich auch traurig zu wissen, dass er vor nur zwei Monaten bereits als zum Tode verurteilt galt, dass es Menschen gibt, die diesem wundervollen Tier keine Chance haben geben wollen. Und jedes Mal, wenn ich Nepi sehe, denke ich daran, was er in seinem Leben bereits hat durchmachen müssen. Und dann schleicht sich ein Lächeln in mein Gesicht und ich denke daran, dass wir sein Leben, dank vieler hilfsbereiter Menschen (denen Nepis und mein Dank gilt), haben verändern können.