Fliegenmadenbefall (Myasis) kann tödlich enden!
Das Erste und Wichtigste zu diesem Thema: Maden können tatsächlich jedes Kaninchen treffen! Grundsätzlich können Maden sowohl in Innen- als auch in Außenhaltung vorkommen. Alte und kranke Tiere können betroffen sein, aber auch junge und gesunde.
Der schlimmste Fehler, den man begehen kann, ist wegen falscher Scham das Ganze auszuklammern. Zur Vorbeugung muss man sich mit dem Thema beschäftigen und bei Befall sofort reagieren. Eine aus falsch verstandener Scham oder Scheu verzögerte Behandlung kann das Leben unserer Kaninchen kosten. Und da sind wir auch schon beim Thema:
Maden, die bei uns Menschen allenfalls Ekel auslösen, können für unsere tierischen Freunde lebensbedrohlich sein. Fliegeneier, auf verunreinigte Stellen oder in Wunden abgelegt, entwickeln sich innerhalb weniger Stunden zu gefräßigen Maden. Es gibt unterschiedliche Fliegenarten, die für Kaninchen gefährliche Maden hervorbringen. Diese kleinen weißen Würmchen fressen Tunnel und Höhlen in den Kaninchenkörper. Sind sie erst einmal in einem Organ oder gar der Bauchhöhle angekommen, ist oft jede Hilfe zu spät.
Risikofaktoren und Vorbeugung
Orte, die Fliegen anziehen, wie Mülltonne, Komposthaufen, Teiche, Pferde-/Rinderkoppel etc. sollten möglichst nicht in unmittelbarer Nähe des Geheges sein. Einige Pflanzen, wie z. B. Lavendel, Nussbäume, Hanfpflanzen (THC-frei) oder Margeriten gelten als „fliegenunfreundlich“. Um das Gehege herum (aber außer Reichweite der Kaninchen) gepflanzt, helfen diese Pflanzen, Fliegen fernzuhalten. Flache Schalen mit Wasser und Lorbeeröl sollen Fliegen ebenfalls abhalten. Diese sollten ebenfalls nicht in Reichweite der Kaninchen aufgestellt werden. Letztlich kann man auch Spinnen (Kreuzspinnen insbesondere) als natürlichen Helfern ein Zuhause in Gehegenähe anbieten. Die Netze erfüllen dort einen guten Zweck, da sich in ihnen sowohl Fliegen als auch Stechmücken verfangen. Bei Innenhaltung empfehlen sich Fliegengitter an Fenstern und Balkontüren. Fleischfressende Pflanzen sehen nicht nur hübsch aus; auf der Fensterbank können sie sogar etliche Fliegen abfangen.
Vorsorge am Tier
Stellen im Fell, die mit Kot und/oder Urin verunreinigt sind, ziehen Fliegen durch ihren Geruch magisch an und verleiten zur Eiablage. Da Kaninchen gerade zur besten „Fliegenzeit“ am Mittag aufgrund der Hitze bewegungsmüder sind als sonst, hat das Insekt mit keiner großen Gegenwehr zu rechnen. Daher müssen die Tiere täglich auf Verunreinigungen im Fell kontrolliert werden. Kaninchen mit längerem Fell (z. B. Löwenköpfchen und Angorakanichen) empfiehlt sich eine „Sommerfrisur“. Gerade der Bereich um den Po und die Geschlechtsecken sollte kurz gehalten werden, damit er besser kontrolliert und gepflegt werden kann. Entfernen Sie verfilztes Fell, egal an welcher Stelle, umgehend. Durchfallpatienten holt man im Hochsommer am besten nach drinnen, wo sie geschützter und besser zu beobachten sind. Ist Durchfall eine Folge falscher, getreidelastiger Ernährung, muss diese langsam umgestellt werden. Ältere, schwer übergewichtige oder kranke Kaninchen, die sich nicht mehr richtig putzen (können), sind in dieser Zeit in einem Innengehege ebenfalls besser aufgehoben. Und auch Tiere mit offenen Wunden sollte man nicht im Außengehege belassen. Maden in Wunden haben ein leichtes Spiel. Zudem ist die Wundkontrolle und –versorgung im Innengehege einfacher und sicherer.
Wenn „es“ passiert ist
Wenn im Gehege eine oder mehrere Maden gefunden wurden, müssen Sie sofort alle Tiere kontrollieren und die Maden umgehend entfernen. Selbst wenn die Tiere nicht betroffen sind, sollten Sie sie umsetzen. Reinigen Sie das Gehege und alle darin befindlichen Gegenstände gründlich. Wiederholtes und intensives Abspülen mit kochend heißem Wasser ist hier am effektivsten.
Ist eines der Tiere mit auch nur einer (sichtbaren) Made befallen, rufen Sie sofort den Tierarzt oder die Tierklinik an. Schildern Sie das Problem und melden Sie sich als Notfall an. In der Wartezeit oder auf der Fahrt entfernen Sie alle Maden, die Sie selbst aus dem Fell lösen können. Nehmen Sie vorsorgehalber auch augenscheinlich nicht betroffene Partnertiere in einer separaten Box zur Kontrolle mit.
Das befallene Tier steht nun unter enormem Stress, hat möglicherweise Schmerzen und ist vermutlich kreislaufinstabil. Sorgen Sie für sicheren Halt und eine für Ihr Kaninchen angenehme Umgebungstemperatur. Der Tierarzt wird gegebenenfalls zur Kreislaufstabilisation und Antibiose eine Infusion legen und muss – je nach Tiefe des Befalls – das Tier leicht narkotisieren (sedieren), weil das Absammeln der Maden zu große Schmerzen verursachen würde.
In bereits entstandene Höhlen werden Medikamente zum Abtöten der tiefer sitzenden Maden eingebracht. In solchen Fällen muss in den anschließenden Tagen regelmäßig die Wunde bzw. Höhle gespült (eine Spüllösung gibt Ihnen der Tierarzt mit) und abgesammelt werden. Große Teile des Fells werden aus Gründen der Sicherheit geschoren.
Haben es die Maden bereits geschafft, sich an Organe oder in die Bauchhöhle zu fressen, kann dem Kaninchen womöglich nicht mehr geholfen werden. Hier müssen Halter und Tierarzt gemeinsam entscheiden, ob eine Behandlung oder eine Euthanasie zum Wohle des Tieres sinnvoll ist.