Kaninchenschnupfen – eine Seuche auf dem Vormarsch?
Der Artikel
„Kaninchenschnupfen“ – das Wort ist in aller Kaninchenhalter-Munde. Fast bei allen Tierschutzvereinen/ Tierheimen finden sich bereits „Schnupfergruppen“ und auch privat sind „Schnupfer“ immer verbreiteter. Selbst in Foren tauchen immer häufiger Beiträge über dieses Thema auf.
Die Symptome sind anscheinend weitreichend – vom klassischen Schnupfen über ein leicht feuchtes Näschen bis hin zur Otitis oder anderen eitrigen Herden.
Gibt es eigentlich „normalen“ Schnupfen? Ist es DER Kaninchenschnupfen, wenn er doch „wieder weg geht“? Was ist ansteckend und was nicht? Über welche Bakterien reden wir beim Kaninchenschnupfen – wie groß ist die Gefahr überhaupt für Mensch und Tier und was macht der Halter, wenn er erwiesene „Schnupfer“ hat?
Mit diesen Fragen beschäftigt sich der folgende Artikel. Der Leser soll ein theoretisches Verständnis für diese bakterielle Infektion erhalten und die Therapiemöglichkeiten kennen lernen. Des Weiteren sollen Wege aufgezeigt werden, wie es sich im Praktischen trotz und mit solchen Erkrankungen für Kaninchen „gut“ leben lässt.
Kaninchenschnupfen – Schnupfen bei Kaninchen – eine Begriffsklärung
Das große Missverständnis bei der Abgrenzung dieser Erkrankung liegt darin, dass der hierfür umgangssprachliche Namen „Kaninchenschnupfen“ suggeriert, man hätte es eben mit einem Schnupfen beim Kaninchen zu tun. Schnupfen ist allerdings weder gleich Schnupfen noch beschreibt der Titel „Kaninchenschnupfen“ kaum, was diese Krankheit eigentlich bedeutet. Offiziell und da liegt der entscheidende Unterschied heißt sie „ansteckender Kaninchenschnupfen“ (Rhinitis contagiosa cuniculi). An einigen Stellen wird der ansteckende Kaninchenschnupfen auch als „Pasteurellose“ bezeichnet, was sich darauf bezieht, dass einer der bakteriellen Haupterreger neben den „Bordetella bronchiseptica“ eben die „Pasteurella multocida“ sind. Auch einige Staphylo- und Streptococcenarten (z.B. Staphylococcus aureus) sind als Erreger nachgewiesen. Mittlerweile stehen sogar Mycoplasmen und Viren in Diskussion. Des Weiteren gibt es viele Sekundärkeime – sehr verbreitet sind „Pseudomonas“, die im Gegensatz zu den Leitkeimen relativ häufig nachgewiesen werden können. Der ansteckende Kaninchenschnupfen lässt sich als infektiöse, kontagiöse und multifaktorielle Erkrankung mit chronischem Verlauf defininieren. Er ist demnach als Seuche einzustufen, welche hoch ansteckend und nicht! heilbar ist. So schrecklich es im ersten Moment klingt – Kaninchenschnupfen ist dennoch kein grundlegendes Todesurteil und die Kaninchen leben häufig lange und völlig symptomfrei.
Neben dem ansteckenden Schnupfen gibt es auch die „normale Erkältung“ z.B. durch Zugluft. Hierbei setzen sich Erreger fest, die sich komplett ausrotten lassen, so dass das Tier danach geheilt ist. Wird solch eine Erkrankung nicht behandelt, kann sie natürlich auch chronisch werden – die Symptome bleiben. Auch dies ist nicht mit dem ansteckenden Schnupfen zu verwechseln, der immer chronisch verläuft. Bei einer Anamnese ist also in jedem Fall auch die Vorgeschichte der Krankheit zu beachten.
Die Ansteckung
Jetzt stellt sich natürlich die Frage, wo sich Kaninchen an dieser Erkrankung infizieren.
Grundlegend erfolgt die Ansteckung als Tröpfcheninfektion. Für die Übertragungswege gibt es verschiedene Möglichkeiten.
Jungtiere können sich bei ihrer Mutter oder in den entsprechenden Gruppen infizieren.
Die Anschaffung neuer Kaninchen zu seinem/n Tier zuhause bedingt ebenfalls immer ein gewisses Infektionsrisiko für unterschiedliche Krankheiten. Kaninchen müssen allerdings nicht direkten Kontakt für eine Infektion aufweisen. Ein Zimmer in der gleichen Wohnung oder der Besuch bei erkrankten Tieren genügt häufig, dass der Mensch als Bakterienüberträger zwischen den Kaninchen fungiert. Sollten Sie ihre Kaninchen in Urlaubsbetreuung geben, ist genau darauf zu achten, ob andere Kaninchen in diesem Gehege gewohnt haben und wie dieses gereinigt worden ist (antibakterielle Mittel).
Was viele leider nicht wissen, ist die Tatsache, dass sich die Kaninchen durchaus schnell beim Menschen selbst sowie bei anderen Haustieren anstecken können (der umgekehrte Übertragungsweg ist unwahrscheinlich). Die Schnupfenerreger sind nämlich verbreitete Umgebungs- und Krankheitskeime, die nicht nur beim Mensch sondern auch bei Hunden und Katzen vorkommen. Pseudomonas werden häufig bei Menschen mit Lungen-, Atem-, Harnwegs- und Mundentzündungen gefunden. Staphylococcus aureus, der als multiresistenter Keim in Krankenhäusern anzutreffen ist, ist ebenfalls bei vielen Infektionen beteiligt und kann eben selbst für gesunde Menschen gefährlich werden. Eine Bordetellenart, nämlich Bordetella pertussis, ist für den menschlichen Keuchhusten verantwortlich, Katzenschnupfen hingegen wird von Bordetella bronchiseptica verursacht. Pasteurellen lassen sich in der normalen Mundflora von Hund und vor allem Katzen finden. Wichtig ist, dass Menschen mit Erkältungskrankheiten oder anderen Infektionen den Kontakt zu ihren Kaninchen meiden, solange sie krank sind. Sie solltem sich die Hände desinfizieren, bevor sie Futter schneiden nur und gegenenenfalls einen Mundschutz tragen. Verzichten Sie im Sinne ihrer Tiere in dieser Zeit komplett auf Streicheln, Kuscheln und Küsschen geben.
Die Klinik
Auch hier ist die Bezeichnung „Schnupfen“ durchaus irreführend. Der klassische Schnupfen ist nur eines der möglichen Felder, in denen sich die Bakterien festsetzen können. Oft fällt eben der „Schnupfen“ am ehesten auf. Klassisches Krankheitsbild ist zu Beginn eine leicht feuchte Nase mit klarem Sekret, gelegentliches Niesen und seröser Augenausfluss. Manifestiert sich die Krankheit in den Atemwegen folgt der Eiter. Äußerlich bedeutet das verklebte Augen und eitrigen Nasenausfluss mit starken Atemgeräuschen, der bis zur Atemnot führen kann. Innerlich folgen eitrige Lungenentzündungen und Bronchitis, die vor allem unbehandelt den Tod des Tieres bedeuten. Als Komplikation können zusätzlich Lungenabszesse entstehen.
Die Bakterien befallen zwar primär die Atemwege, aber auch andere Organe können von eitrigen Herden betroffen sein. Vor allem Widderkaninchen neigen zu eitrigen Entzündung der äußeren und inneren Gehörgänge (siehe Otitis).
Die Diagnose
In vielen Fällen ist das klinische Bild der Tiere schon eindeutig. Eitrige Nasen, niesen, röcheln, schlechtes Allgemeinbefinden sind klare Anzeichen. Röntgenaufnahmen sind insofern wichtig, als dass die Beteiligung der Lunge geklärt werden kann. Sämtliche Eiterherde (auch z.B. im Ohr) sind mit Hilfe eines Abstriches zu bestimmen. In vielen Fällen erhält man brauchbare Ergebnisse, welche Bakterien die Infektion ausgelöst haben und mit welchen Antibiotika therapiert werden kann (Antibiogramm). Problematisch sind vor allem klare Sekrete an der Nase. Die Erreger haben die Angewohnheit, sich tief in den Nasennebenhöhlen einzunisten, wo mit einem Tupfer schwer hinzukommen ist. Tupferproben der Nase sollen nur mit feuchten Tupfern durchgeführt werden, um weitere Irritationen der Schleimhäute zu vermeiden. Ein negativer Abstrich ist demzufolge leider kein Garant für das nicht Vorhandensein der Krankheit. Oft werden nur die Sekundärkeime wie Pseudomonaden nachgewiesen. Ansteckend bedeutet außerdem nicht immer den Ausbruch der Krankheit beim angesteckten Tier. Es ist also auch potentiell DER Kaninchenschnupfen, wenn nur ein Tier einer Gruppe betroffen ist. Der Versuch eines Abstriches im Eiter sollte dennoch in jedem Falle gemacht werden. Ist eine der Bakterienarten nachgewiesen, sind hingegen alle anderen Kaninchen, die mit dem infizierten Tier zusammenleben, als „Schnupfer“ einzustufen. Sie tragen die Erreger damit sicher in sich auch, wenn keinerlei Symptome vorliegen.
Medizinische Therapie
Die Behandlung richtet sich zuerst nach dem Ausmaß der Erkrankung. Tiere mit Lungenentzündungen und Atemnot, Fieber etc. werden i.d.R. schon vor Ergebnissen sofort unter Antibiose gesetzt. Verkrusteter Eiter an der Nase ist vorsichtig aufzuweichen und zu entfernen, gegebenenfalls kann der Tierarzt das Näschen spülen. Nachfließender Eiter muss immer zeitnah entfernt werden. Sie können diesen vorsichtig mit einem Spritzchen oder mit einem Fruchtwasserabsauger für Babykatzen (z.B. catstuff.de) von der Nase abziehen. Falls nötig muss der Kreislauf stabilisiert (Infusionen) und die Tiere warm gehalten werden (Wärmflasche, Rotlicht). Auch Schleimlöser für Kinder können niedrig dosiert verabreicht werden, um den Eiterabgang zu unterstützen. Bei leichten bis mittleren Symptomen und gutem Allgemeinbefinden ist neben einem Abstrich immer in Erwägung zu ziehen, eine Therapie ohne Antibiotika zu wählen. Sehr häufig erweisen sich gängige Antibiotika als wirkungslos und die vielleicht wenigen Versuche, die man bis zur Resistenzbildung hat sind sich für schlimme Schübe aufzuheben. Tierärzte neigen allerdings zur schnellen Antibiotikagabe. Hier muss wirklich gut abgewogen werden, ob es keine Alternativtherapie gibt.
Alternativtherapie ohne Antibiotika bzw. unterstützende Therapie
Entscheidet man sich aufgrund der leichten Symptome vorerst gegen Antibiotika bzw. auch wenn Antibiotika gegeben werden, kann man die Heilung auf vielfältige Weise unterstützen.
Das A und O bei Atemwegserkrankungen ist die Inhalation.
Wasserdampf und Warminhalation werden von den Tieren oft als unangenehm empfunden. Das zweite Problem am Wasserdampf ist, dass er zu “grob” ist, um weit zu kommen. Inhalatoren zerstäuben zu “Aerosol”, welches wesentlich feiner ist und bis in die Lunge vordringen kann.
Am besten eignen sich Kaltinhalatoren für Kinder wie z.B. der Pariboy. Als Inhalationslösung empfiehlt sich Kochsalzlösung mit Emser Salz gemischt. Je nach Bedarf kann auch das Antibiotikum mitinhaliert werden (Methode verbreitet bei erkrankten Papageien). Beruhigende Mittel wie Olynth Nasentropfen für Kinder oder ACC akut für Kinder als Schleimlöser können beigegeben werden – hier reicht 1 Tropfen in die Lösung. Antibakteriell wirkenden Thymiantee kann man aufbrühen und auf einem Stövchen im Zimmer stehen lassen, so dass sich der Dampf leicht verteilt.
Wärme stabilisiert den Kreislauf und beruhigt den Organismus – bieten Sie den Kaninchen eine Rotlichtlampe an. Viele nutzen das gern und legen sich in den Wärmebereich – die Kaninchen müssen allerdings immer die Möglichkeit haben, der Wärme auszuweichen.
Die Symptome des Kaninchenschnupfens stehen und fallen wie beim menschlichen Schnupfen auch mit der Abwehr. Eine starke Abwehr kann die Krankheit sehr gut im Zaum halten, abwehrschwache Tiere sind schnell und heftig davon betroffen.
Achtung: von Echinacea ist abzuraten – seine Wirkung funktioniert insofern, dass Sonnenhut eine giftige Pflanze ist, die in geringster Menge zu sich genommen zwar nicht gefährlich ist, aber eben die Abwehr ankurbeln soll. Echinacea ist somit aber nur für einen gesunden Organismus zur Prophylaxe. In eine Erkrankung Echinacea zu geben schwächt den Körper und die Abwehr noch mehr. Eine Alternative stellen Paramunitätsinducer wie „Zylexis“ dar, die das körpereigene Immunsystem aktiv unterstützen.
Das Leben mit erkrankten Tieren
Wie schon erwähnt bedeutet die Erkrankung nicht zwingend, dass die Kaninchen ein eingeschränktes oder verkürztes Leben führen müssen. Viele erreichen einen Status, in dem sie symptomfrei oder mit gelegentlich feuchtem Näschen sehr gut leben können. Es gilt allerdings, einige Spielregeln zu beachten, die für „Schnupfer“ noch strenger gelten, als für gesunde Kaninchen auch.
In der Praxis zeigt sich, dass der Gesundheitszustand erkrankter Tiere in erste Linie stressbedingt variiert. Stress drückt wie beim Menschen auch auf die Abwehr – ein stressfreies Leben hingegen gibt dem Organismus die Ruhe und Kraft, die Bakterien zumindest in Schach zu halten. Neben Vergesellschaftungen und häufigen Partner- / Gruppenwechseln sind Lärm, Autofahrten, Hitze oder nasse Kälte, gegebenenfalls andere Tierarten oder häufige Umgebungswechsel Stressfaktoren. Optimalerweise hält man die Gruppengröße aufgrund des Infektionsdruckes eher gering und nach Möglichkeit die Partnertiere konstant.
Hygiene ist die nächste Grundvoraussetzung bei Infektionskrankheiten. Teppiche sollten regelmäßig als Kochwäsche gewaschen werden. Gelegentliche Reinigung der Gehegeeinrichtung (Heißwasser, Dampfer) sorgt ebenfalls für geringe Umgebungskeime. Toiletten sind auch täglich ordentlich zu säubern. Die Abwehr solcher Tiere ist dauerhaft belastet und kann sich dementsprechend schlecht gegen alle anderen Keime wehren.
Eine gesunde Ernährung ist obligatorisch. Viel gutes Heu, Gemüse, mal etwas Obst und diverse Kräuter bieten eine vitamin- und mineralstoffreiche Grundversorgung. Kräuter wie Basilikum, Salbei, Thymian, Minze oder Dill und Melisse wirken appetitanregend, entzündungshemmend oder entkrampfend. Hin und wieder kann auch entsprechender Tee zusätzlich zum Wasser angeboten werden.
Mit der Haltung selbst lässt sich ebenfalls positiven Einfluss nehmen. Bewegung tut immer gut – sie wirkt stressabbauend, macht Muskeln und stärkt damit indirekt die Abwehr. Zimmer sind gut zu lüften, aber Zugluft und plötzliche Kälte sind absolut zu vermeiden. Im Sommer ist auf genügend Kühlung zu achten. Viele Schnupfenkaninchen sind wetterfühlig. Vor allem Wetterumschwünge stellen eine immense Kreislaufbelastung dar und können Schnupfenschübe begünstigen. Bei Kaninchen in Innenhaltung ist die Temperatur weitgehend konstant zu halten. Vor allem in nass-kalten Zeiten wird Rotlicht gern angenommen.
Innen- oder Außenhaltung?
An der Tatsache, ob Innen- oder Außenhaltung gleich oder eines besser geeignet ist, scheiden sich die Geister. Außenhaltungsbefürworter sind der Meinung, Heizungsluft belaste die Kaninchen und Outdoor-Leben stärke die Abwehr. Dem lässt sich entgegenhalten, dass viele Tiere sich freiwillig zeitweise sogar unter die Heizung setzen oder lange unterm Rotlicht liegen – im Grunde kommen Innenhaltungstiere sehr gut mit Heizungsluft zurecht, solange sie dem Heizkörper ausweichen können. Falls nötig kann ein Schälchen mit Wasser zur Luftbefeuchtung aufgestellt werden. Unsere Erfahrung lehrt eher, dass Tiere, die dem natürlichen Wetter ausgesetzt sind, sogar schnupfenanfälliger sind. Kälte ist grundlegend nicht das Problem, keine Frage. Solange es einfach „nur“ kalt ist, tun sich Außenhaltungskaninchen nicht schwer. Problematisch sind kalt-nasse Tage. Wenn zur Winterskälte Feuchtigkeit hinzukommt, braucht es nur etwas erniedrigte Abwehr und die nasse Nase ist da. Auch den spätsommerlichen Temperaturumschwüngen von nächtlichen 10 Grad zu 30 Grad am Tag sind Tiere draußen ausgesetzt, während sich der Unterschied drinnen natürlich geringer hält. Wie beim Menschen auch belastet das den Kreislauf.
Fazit: Schnupfer sind für Außen- und Innenhaltung grundlegend geeignet, das Optimum bietet allerdings die Mitte z.B. ein unbeheizter Dachboden, auf dem die Temperaturen im Winter um die 15 Grad liegen. Draußen müssen jederzeit isolierte Schutzhütten im Winter und Schattenplätze im Sommer zugänglich sein. Drinnen sollte im Winter nicht überheizt und die Luft gegebenenfalls befeuchtet werden, im Sommer ist abends gut durchzulüften, tagsüber können feuchte Handtücher, eine eiskalte Wasserflasche (mit Tuch umwickelt) oder eine Steinplatte aus dem Baumarkt Kühlung verschaffen.
Ist Vorsorge möglich?
Es ist nie ausgeschlossen, dass die eigenen Kaninchen sich an dieser Krankheit infizieren. Wie bereits angedeutet ist davon auszugehen, dass die meisten Tiere solcherlei Bakterien bereits in sich tragen oder sich früher oder später wenn auch oft unbemerkt daran anstecken. Im Grunde ist die Situation wie die der Encephalitozoonose einstufen, bei der die Dunkelziffer ca. 80% infizierte Tiere beträgt, wobei die Krankheit bei einem wesentlich geringeren Prozentsatz tatsächlich ausbricht. Die beste Vorsorge vor einer Infektion ist natürlich die Hygiene in Menschenhand, die Quarantäne bei Neuankömmlingen oder zu infizierten Tieren. Einige Tierärzte empfehlen die „Kaninchenschnupfen-Impfung“. Meiner Meinung nach ist von dieser allerdings dringend abzuraten. RHD- und Myxomatoseimpfungen stellen zum einen schon eine genügende Belastung für die Abwehr der Kaninchen dar. Des Weiteren wirkt die Impfung nur gegen einige der entsprechenden Bakterien und bietet somit sowieso keine Garantie. Das dritte Problem liegt darin, dass die Impfung in ein erkranktes Tier vom kurzfristigen Ausbruch der Symptome bis zu einer starken Impfreaktion und sogar dauerhaften Krankheitsausbruch führen kann. Geht man nun davon aus, dass die meisten Tiere zumindest Träger sind, ist das Risiko, die Erkrankung mit der Impfung auszulösen, durchaus gegeben.
Kritisches zum Nachdenken
Leider gibt es zwei extreme Gegensätze, die in Kaninchenhalterkreisen immer noch oft praktiziert werden: Töten oder Totschweigen. In Zucht- und Mastkreisen bedeutet der Krankheitsausbruch oft eine komplette Bestandskeulung aus finanziellen, zuchttechnischen und verzehrtechnischen Gründen – wie Zucht und Mast selbst natürlich nie im Sinne der Tiere selbst. Das krasse Gegenstück dazu findet sich leider nicht selten gerade in Tierschutzkreisen. Hier wird die Erkrankung oft tot geschwiegen oder mindestens beschönigt. Fairerweise muss man sagen, dass viele Tierheime nicht über notwendige Quarantänemöglichkeiten verfügen und eben dann „tun, was sie können“. Abstriche sind oft finanziell nicht möglich und so werden die Tiere symptomatisch behandelt und eben „normal“ vermittelt. In vielen Fällen bleiben die Tiere auch symptomfrei und führen ein gewöhnliches Leben. Viele Tierschutzvereine haben leider noch Angst, dass sie weniger Tiere vermitteln bzw. die Schnupfer zu Dauerinsassen werden und so fällt die Aufklärung eben „unter den Tisch“.
Fakt ist, dass die Seuche eindeutig auf dem Vormarsch ist. Wo viele Kaninchen zusammen sind, scheint es früher oder später zum Ausbruch zu kommen. Die Wahrscheinlichkeit, beim Züchter (auch „Hobbyzüchter“) oder im Zoohandel („Massenzucht“) gesunde Tiere zu bekommen ist sehr gering. Ein Großteil der Tierschutztiere wiederum stammt von Menschen, die den Profit an Tieren unterstützt und ihre Kaninchen genau dort gekauft haben. Quarantäne ist bei hochinfektiösen Krankheiten immer extrem schwierig – also tragen immer mehr Kaninchen entsprechende Erreger bereits in sich. So erklären sich eben auch die immer häufigeren „Gesuche“ nach Schnupferkaninchen als Partnertier. Dass es in der Vermittlung auch anders geht, zeigen vor allem die bekannten Kaninchenschutzvereine und immer mehr Tierheime, die durchaus offen mit dem Thema umgehen und die Tiere durchaus in gute Hände vermittelt bekommen.
Die richtige Einstellung
Was bedeutet das also für den „normalen“ Halter? Im Grunde liegt das sinnvolle Umgehen mit dieser Krankheit in der Mitte. Angst oder Panik braucht man nicht zu haben, aber fahrlässig sollte man eben auch nicht sein. Solange keines der eigenen Tiere schnupft, sollte man eben auch kein Tier aufnehmen, welches Schnupfen hat. Beim Besuch von Schnupfenhaltern sind die Kleidung zu wechseln und zu waschen sowie die Schuhe mit z.B. Baktazol zu desinfizieren. Bricht wirklich ansteckender Schnupfen aus, sind alle Tiere mit Kontakt oder in der gleichen Wohnung als solche einzustufen – ob symptomfrei oder nicht. Dann sollten Sie in Zukunft nur Tiere aufnehmen, die optimalerweise die gleichen Erreger aufweisen und sich in einem ähnlichen Krankheitsstadium befinden. Sollten Sie Besuch von Kaninchenhaltern bekommen, weisen Sie diese immer auf die nötigen Hygienemaßnahmen hin. Die tatsächliche Diagnose bei den eigenen Tieren ist immer ein Schock. Aber dann heißt es durchatmen und die beschriebenen Grundregeln beachten. Bei guter Haltung lassen sich die meisten Tiere fast symptomfrei einstellen. Die schlimmen Fälle sind wirklich bei Tieren aus und in schlechter Haltung festzustellen. Bei den meisten bessert sich sogar das schlechte Krankheitsbild, wenn sie in gute Hände kommen. In Haustierkreisen ist die Zahl der extremen Schnupfer, deren Eiter gar nicht in den Griff zu bekommen ist und die stark verfrüht sterben, der kleinere Anteil. Also Kopf hoch und mit Zuversicht und Pflege führen auch Schnupfenkaninchen ein schönes und im Rahmen der Umstände „gesundes“ und glückliches Kaninchenleben.
Quellen:
Ewringmann: Leitsymptome beim Kaninchen
www.wikipedia.de
www.diebrain.de
Hilfe bei chronischen Schnupfen
Die folgende Aufzählung soll Kaninchen das Leben mit Kaninchenschnupfen etwas erleichtern.
Auch wenn viele der vorgeschlagenen Mittel frei verkäuflich erhältlich sind, bitte besprechen Sie die Anwendung immer zuerst mit Ihrem Tierarzt, denn es kann gut sein, dass das von Ihnen ausgesuchte Präparat gerade für Ihr Tier nicht in Frage kommt oder sogar schädlich sein kann.
Beachten Sie auch, dass es gerade bei den homöopathischen Arzneien sogar schädlich sein kann, wenn Sie zu viele Mittel auf einmal anwenden oder parallel anwenden.
Um eine Selbstmedikation ohne Rücksprache mit dem Tierarzt zu vermeiden, möchten wir daher keine Vorschläge zur Dosierung der einzelnen Präparate hier veröffentlichen. Wir bitten Sie hier Ihren Tierarzt zu konsultieren.
Kräuterkunde
Spitzwegerich, Pfefferminze, Salbei und Thymian, sowie Kamille und auch Käsepappeltee (Malvenblütentee) entweder frisch oder getrocknet, stärken das Immunsystem und helfen auch während eines Schnupfenschubes.
Echinacin kann auch gegeben werden, aber nie während einer akuten Schnupfenphase, da es dann die Symptome verschlimmern könnte.
Inhalation
Inhalieren hilft die Atemwege des Kaninchens von Sekret zu befreien. Dazu kann man einen Aufguss mit Spitzwegerich, Pfefferminze, Salbei und Thymian zubereiten. Man setzt das Kaninchen dazu am besten in eine Transportkiste und stellt vor das Türchen eine Schüssel mit dem Kräutersud. Die Inhalationsdauer sollte mit Rücksicht auf den Kreislauf jedoch 10 min nicht übersteigen. Nach dem InhalationsbadWasserbad sollte auch darauf geachtet werden, dass das Kaninchen nicht zu nass ist und sich nicht erkältet. Vorsicht ist auch bei hochsommerlichen Temperaturen geboten, da hier gerne der Kreislauf des Kaninchens Probleme bekommen kann.
Immunaufbau
Am sinnvollsten ist es das Immunsystem des Kaninchens zu stärken, damit es erst gar nicht zu einem erneuten schlimmen Schub mit Sekretbildung kommt.
Zylexis: Das ist ein Mittel zum Immunaufbau. Es ist beim TA erhältlich und wird gespritzt und zwar zuerst einmal 3 x hintereinander mit einem Abstand von jeweils drei Tagen, danach alle zwei Wochen dauerhaft eine Spritze bzw. zwischendurch immer wieder eine Kur. Ich persönlich habe mit meinen Tieren damit außerordentlich gute Erfahrungen gemacht. Wo keine Antibiotika mehr halfen, bewirkte Zylexis, dass die Symptome sich merklich verbesserten und dies sogar nach der ersten Anwendung. Diese guten Erfahrungen haben auch andere Schnupferkaninchenbesitzer in unserem Verein machen dürfen.
Alternativ dazu gibt es ein homöopathisches Mittel namens PetMun als homöopathisches Mittel. Es kostet weniger, fällt auch nicht unter die Impfstoffe und gibt es zur oralen Gabe und als Injektion. Bezüglich Wirksamkeit gibt es unterschiedliche Aussagen, bei dem einen hat es gut geholfen, bei dem anderen nicht. Bei meiner Mia hat es leider nichts gebracht.
Bewährt hat sich zur gelegentlichen Immunaufbaukur ohne vorherigen Krankheitsschub auch die Gabe von Engystol. Engystol gibt es frei verkäuflich in der Apotheke als Tabletten oder Injektionslösung, die auch oral verabreicht werden kann. Aus praktikablen Gründen ist die Darreichungsform alsTabletten hier vorzuziehen. Die Tablette scheint sehr wohlschmeckend zu sein. Ich habe bisher nur von Kaninchen gehört, die diese sogar als tägliches Leckerli betrachtet haben. Meine Mia musste nur zu Beginn etwas mit einem kleinenm Ananasstück bestochen werden, einen Tag später fraß auch sie jedoch die Tablette ohne Bestechung. Mit Engystol habe ich bei meinem Schnupferchen sehr gute Erfahrungen gemacht. Sie hatte zum Frühjahrsbeginn eine Kur gemacht und hatte dieses Jahr im Sommer keinerlei schnupfenbedingte Beschwerden oder Krankheitsschübe.
Zum Immunaufbau kann auch Kräuterblutsaft gegeben werden. Schmeckt den Kaninchen gut und sie schleckern es aus der Spritze (natürlich ohne Nadel) schon von alleine. Das Mittel ist hauptsächlich schwerpunktmäßig gegen Eisenmangel einzusetzen, aber es sind so viele andere Stoffe zusätzlich enthalten, dass man das gut bei chronischen Schnupfern geben kann. Kräuterblutsaft kann als Kur kurmäßig zwei Monate lang angewendet werden, danach aber sollte man vier Wochen pausieren.
Schleimlösende Mittel
Das unangenehmste für Tier und Besitzer beim Kaninchenschnupfen sind die Verschleimungen der Atemwege und der damit einhergehenden Atemwegsbeschwerdenprobleme. Aber auch hier gibt es zum Glück einige Präparate, die geeignet sind unseren Lieblingen das Leben etwas angenehmer zu gestalten.
Prospansaft für Kinder enthält geringe Spuren von Efeu, der ja eigentlich giftig ist. Laut den Aussagen mehrerer TÄ, mit denen wir seitens der Kaninchenberatung gesprochen haben, macht diese geringe Dosis jedoch nichts aus. Es hilft auf jeden Fall sehr gut zur Schleimlösung. Man kann es Kur anwendenkurmäßig machen für ca. , mal zwei, drei Monate, dann zwei, drei Wochen pausieren Pause und erneut wieder anfangen.
Ebenso bewährt hat sich die Gabe von Muccosolvansaft für Kinder. Allerdings kommt es hier etwas auf die Verdauung des betreffenden Kaninchens an. Sollte das Kaninchen darauf mit Durchfall reagieren, sollte das Mittel unmittelbar abgesetzt werden man es absetzen.
Membrana Nasalium gibt es als Ampullen von der gleichen Firma wie Petmun und soll speziell zum Abschwellen der Schleimhäute führen. Erhältlich ist es nur über eine Tierapotheke oder den Tierarzt TA. Eine Ampulle gibt man die ersten drei Tage täglich, dann jeden zweiten Tag bis die Beschwerden weg sind. Besonders erfolgreich eingesetzt, soll es helfen soll dieses Mittel wirken, wenn man den Kaninchen die Flüssigkeit quasi als Nasentropfen verabreicht wird und nicht oral oder als Injektion.
Auf die gleiche Weise helfen auch Muccosa, die als Ampullen in der Apotheke erhältlich sind und Euphorbicum comp. Nasenspray. Dafür den Stopfen nicht wie beim Menschen in die Nase einführen reinhalten, sondern kurz davor und dann reinsprühen damit. Das hilft abschwellend, trocknet aber die Schleimhaut nicht weiter aus, da das zu Vernarbungen führen würde und diese wiederum angreifbar machen und zum Dauerschnorcheln führen kann.
Weiterhin ist auch die Bestrahlung mit Rotlicht gut geeignet, um fest sitzenden Schleim zu lösen. Bitte aber beachten, ob das Tier das Rotlicht auch annehmen möchte. Lassen Sie es zu, dass das Tier sich dem Licht entziehen kann.
Alternativ als Daueranwendung, kann man sich in der Apotheke eine leere Flasche besorgen, in der Nasentropfen abgefüllt werden, füllt diese mit 0,9 %iger Kochsalzlösung aus der Apotheke und gibt davon 3 x täglich je zwei Tropfen in jedes Nasenloch. Bitte das Kaninchen nicht auf den Rücken legen oder den Kopf überstrecken.
Bei starker Eiterbildung kann unterstützend auch Hepar Sulfuris D6 gegeben werden. Die gibt es als Globuli und Tablette. Globuli sind allerdings bei der Gabe etwas kniffelig. Man sollte sie nie mit der Hand anfassen oder mit einem normalen Löffel, sondern nur mit Plastiklöffel, sonst sind Globuli nicht mehr wirksam. Der Wirkstoff ist lediglich auf das Kügelchen gesprüht und kann schnell durch das Fett am Finger abgetragen werden. Hat man die Tablettenform kann man sie aufbröseln, in eine Spritze geben und mit ein klein wenig Wasser auflösen. Hepar Sulfuris D6 ist abzusetzen, sobald eine Besserung eintritt, damit der Körper sich alleine weiter dagegen wehrt und kein Gewöhnungseffekt einsetzt. Dies gilt übrigens für alle homöopathischen Medikamente.
Fazit
Kaninchenschnupfen ist eine chronische Erkrankung, mit mal besseren mal schlechteren Phasen. Man sollte jedoch nicht den Mut verlieren. In den schlechteren Phasen heißt es zu versuchen, dem Kaninchen das Atmen zu erleichtern, in den besseren das Immunsystem stabil und damit das Kaninchen weiterhin beschwerdefrei leben kann.
Raumklima
Als Schnupfentierbesitzer sollte man darauf achten, dass der Raum, in dem sich die Kaninchen aufhalten möglichst gut gelüftet ist und ohne Durchzug. Auch auf Staubfreiheit sollte geachtet werden. Als Einstreu sollte man auf staubarme Materialien zurückgreifen, wie Holzstreu oder Hanfeinstreu. Es sollte auch lieber einmal mehr als einmal weniger die Einstreu gewechselt werden, da Ammoniakgeruch die Nase noch zusätzlich reizt. Erfahrungsgemäß bereitet die Umstellung während des Beginns der Heizperiode den Kaninchen die meisten Probleme. Hat man als Besitzer die Möglichkeit zur Außenhaltung, sollte man sich auch überlegen, ob es nicht möglich ist den Tieren eine entsprechende Unterkunft in Außenhaltung anzubieten. Denn es hat sich gezeigt, dass Schnupfentiere in Außenhaltung weniger an den Schnupfensymptome leiden als diejenigen, die in Innenhaltung leben. Natürlich ist damit nicht die Unterbringung in einem handelsüblichen Käfig gemeint, sondern die Unterbringung in einem entsprechend großen Außengehege, welches natürlich aus- und einbruchsicher sein sollte.
Sollten die Kaninchen in Innenhaltung leben, kann man versuchen ihnen das Leben noch etwas angenehmer zu machen, in dem man ihre bevorzugten Schlafplätze mit stark verdünntem Pinimenthol für Kinder (5cm Streifen auf einen halben Liter Wasser). Vorsicht ist jedoch bei Tieren geboten, die zu Asthmanfällen neigen. Hier sollte eine Anwendung nur nach Rücksprache mit dem TA erfolgen.
Endlich symptomfrei
Nicht alle Schnupfer, die einmal angefangen haben Symptome zu zeigen, müssen dies zwangsläufig immer im gleichen Maße tun. Es kann auch zu symptomfreien Zeiten kommen. Zur Unterstützung, dass dem so bleibt, kann bei den ersten Symptomen Brynonia gegeben werden. Auch hier gilt wieder die übliche Umsicht bei der Gabe von Globuli. Brynonia darf jedoch nicht gegeben werden, wenn das Kaninchen bereits mitten in einem Krankheitsschub steckt.
Wann gebe ich was?
Alles auf einmal sollte man natürlich nicht geben. Eine übermäßige Medikamentengabe stresst das Tier nur zusätzlich. Es empfiehlt sich zunächst Zylexis, Nasenspray und Rotlicht anzuwenden. Ein Medikament zum Immunaufbau, ein schleimlösendes Mittel und eines zum Durchatmen. Keinesfalls sollten jedoch Medikamente wie Zylexis, Pet Mun, Membrana, Muccosa oder Brynonia parallel angewendet werden. Es sollte von diesen Mitteln lieber nur eines und dieses über einen längeren Zeitraum gegeben werden. Kaninchen reagieren unterschiedlich. Bei dem einen hilft Membrana, bei dem nächsten nur Zylexis. Allein um herauszubekommen, welches Präparat, das für das eigene Tier ist, sollte man diese nur einzeln anwenden.