Bakterien

Bakterien: Jeder kennt sie – und hat welche. Aber was sind Bakterien eigentlich? Wo kommen sie her, was machen sie – sind sie gut oder schlecht? Was ist eigentlich ein Antibiotikum, wie wirkt es? Was sind die Nebenwirkungen und können Probleme damit auftreten?
Der folgende Artikel gibt Antworten auf diese Fragen und bietet dem Leser einen Einblick in die Welt der Mikrobiologie. Außerdem sollen grundlegende therapeutische Fragen geklärt werden, wie Antibiotika eigentlich funktionieren, was es mit Resistenzen auf sich hat und was der „sinnvolle Einsatz von Antibiotika“ in der Praxis bedeutet.

Die Zelle

In der Biologie unterscheidet man drei Domänen, in die alle Lebewesen eingeteilt werden.
Zum einen gibt es die eukaryontischen Zellen (1. Domäne), die sich durch einen Zellkern, eine Kernhülle und durch die in Chromosomen organisierte DNA auszeichnen: die Zellen von Menschen, Tieren, Pflanzen. Auf der anderen Seite stehen die prokaryontischen Zellen. Hierunter fallen Archäen (Urbakterien als 2. Domäne) und eben die bekannten Bakterien (3. Domäne). Sie haben weder einen Zellkern noch eine solch innere Zellorganisation wie die Eukaryonten, jedoch eine oft dicke Zellwand sowie eine freiliegende DNA. Die Genome mancher Bakterien wie das des bekannten Escherichia coli (E. coli) sind bereits vollständig entschlüsselt.
Lebensweise und der Stoffwechsel von Bakterien können völlig unterschiedlich sein. Eine relativ bekannte Unterscheidung ist die in anaerobe und aerobe Bakterien. Dies bedeutet ganz einfach, dass die Bakterien entweder Sauerstoff zum Überleben benötigen (aerob) oder dass für sie Sauerstoff tödlich wäre, weil sie beispielsweise stattdessen Stickstoff „atmen“ (anaerob).

Bakterien und ihre Stellung in der Umwelt

Bakterien nehmen in unserer Welt und Umwelt eine enorme Bedeutung ein. Ökologisch gesehen halten sie die Kreisläufe des Lebens in Gang. Sie sind existentieller Teil der Stoffwechselkreisläufe (z. B. zur Nährstoffbildung im Boden), vor allem im Meer bilden sie die Basis der Nahrungsketten (u. a. Phytoplankton) und sind in den Organen vieler Lebewesen unverzichtbarer Teil z. B. des Verdauungssystems (Entereokokken, Bifidobakterien usw.).

Bakterien und Mensch

Für den Menschen (natürlich auch für Tiere) haben Bakterien vielerlei medizinische Bedeutung. Im Positiven sind Bakterien beispielsweise für unsere Darm-, Haut- und Mundflora unverzichtbar. Keine Verdauung funktioniert ohne die entsprechenden Bakterien. Ohne Haut- oder Mundflora wären wir gegen „Feinde“ an diesen Stellen völlig ungeschützt. Wir reden allerdings nicht von tausenden Bakterien, sondern im Grunde von fast unvorstellbar vielen: In unserem Mund leben ca. 10 hoch 10 Bakterien. Hundertmal mehr, also ca. 1 Billion weiterer Bakterien siedeln außerdem auf unserer Haut und schützen uns. Im Darm kommen dann noch mal fast 10 hoch 13 Bakterien hinzu. Um den Vergleich auf die Spitze zu treiben – ein Mensch besteht aus ca. 10 Billionen Zellen – auf und in uns befinden sich allerdings noch 10mal so viele Bakterien.

Bakterien und Krankheiten

Leider sind Bakterien auch Krankheitserreger. Neben Blutvergiftungen lösen sie vor allem eitrige Infektionen (Wundentzündungen) und Infektionen der Organe (z. B. Blasen- oder Lungenentzündung) aus. Eine Infektion bezeichnet das Eindringen, Anhaften und die Vermehrung des Bakteriums in einem Organismus, welches dann wiederum zu einer Reaktion dessen Immunsystems führt.

Bakterien und ihre medizinische Geschichte

Gegen Bakterien gibt es mittlerweile viele wirksame Medikamente. Um 1900 betrug die Wahrscheinlichkeit, aufgrund einer Infektion zu sterben, noch über 80%. Entdeckt wurde Penicillin eher zufällig 1928 von Alexander Fleming auf einer verschimmelten Bakterienkultur. Der Pilz „penicillium notatum“ hatte sich dort neben den Bakterien (Staphylokokken) auf dem Nährboden ausgebreitet, wobei in dessen Nachbarschaft dann keine Vermehrung der Bakterien mehr stattgefunden hatte. Für weiße Blutkörperchen (menschliche Abwehr) und menschliche Zellen war der Pilz allerdings völlig ungefährlich. Die Idee, diesen Pilz für die Medizin einzusetzen, kam erst 10 Jahre später auf. 1981 wurden bereits jährlich 17 000 Tonnen Penicillin weltweit produziert.

Das Antibiotikum

Antibiotika (Abkürzung: AB) werden heute auf verschiedene Arten gewonnen. Zum einen gibt es die angeführten Schimmelpilze, die unterschiedliche „Penicillium-Arten“ produzieren. Aber auch einige der so genannten „fädigen Bakterien“ sowie „sporenbildende Bakterien“ sind in der Lage, Antibiotika herzustellen.
Die Idee hinter einem AB ist folgende: Ein ideales Antibiotikum greift an einer Stelle des bakteriellen Stoffwechsels ein, welche in Eukaryontenzellen nicht vorkommt und demgegenüber eine geringe Toxizität aufweist.
Dementsprechend gibt es verschiedene Angriffsorte für ein AB. Penicillin stört die Synthese der Bakterienzellwand und verhindert so eine Verbreitung/Wachstum derselben. Andere AB durchlöchern quasi die Zellmembran oder greifen direkt in die DNA-Synthese ein – Chloramphenicol beispielsweise.

Kampf der Bakterien – das Problem der Resistenzen

Im Grunde muss man sich die Situation im Körper wirklich wie eine Art Kriegsführung der Bakterien (bzw. des Pilzes) untereinander vorstellen. Die einen haben wirkungsvolle Angriffsmechanismen, die Angegriffenen entwickeln Verteidigungsmechanismen. Zum einen verändern Bakterien ihre Außenfläche, sodass die Antibiotika keine Stelle mehr finden, an der sie „andocken“ können, um das Bakterium zu zerstören. Auch schaffen es manche Bakterien, bestimmte Enzyme des Angreifers (Penicillin) selbst zu nutzen, um den Angreifer unschädlich zu machen. Andere Bakterien hingegen haben die Gabe, bestimmte Antibiotika wie Tetracyclin einfach nicht aufzunehmen.
Es gibt unterschiedliche Resistenztypen. Die meisten entstehen durch Mutation, einige werden von den Bakterien sogar untereinander über so genannte Plasmide ausgetauscht und ins eigene Erbgut eingebaut. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Bakterienkultur durch Mutation resistent gegen 1 AB wird, beträgt 10 hoch -6. Bei der Menge an Bakterien in einer Infektion und deren Vermehrungsrate ist das allerdings gar nicht so unwahrscheinlich. Die Wahrscheinlichkeit, gegen 2 AB resistent zu werden, bevor die Kultur abgetötet wird, ist dann schon 10 hoch -12 und damit extrem gering.

Folgen für die praktische Anwendung

Diese Zahlen sind auch der Grund, warum solch ein Medikament IMMER bis zum Schluss, in der Regel mindestens 1 Woche, eingenommen werden muss, warum eine längere Einnahme Sinn macht und warum vor allem bei schweren Erkrankungen eine Antibiotikakombination durchaus in Erwägung gezogen werden kann. Wer nur einzelne Dosen gibt und das AB zu schnell absetzt, riskiert dass zum einen einige wenige resistente Bakterien übrig bleiben und dass diese zu einem späteren Zeitpunkt eine viel stärkere und gefährlichere Infektion hervorrufen. Im schlimmsten Fall wirkt dann plötzlich KEIN Antibiotikum mehr und gerade bei kleinen Tieren wie Kaninchen kann das schnell tödlich enden.

Nebenwirkungen der Antibiotikagabe

Wo liegt also das Problem in der Therapie mit Antibiotika? Warum nicht einfach immer 2 AB lange durchgeben und so alles ausrotten?
Das eine Problem ist im Grunde vom Menschen „hausgemacht“. Lange Zeit und leider auch heute noch wurden und werden AB zu schnell verschrieben, gedankenlos eingesetzt und die Leute nicht aufgeklärt. Der Griff zum Antibiotikum ist bei Arzt und Tierarzt im Grunde schnell, oft genug zumindest kurzfristig effektiv und vor allem kostengünstig. Leider entspricht das dann eben auch genau den Anforderungen vieler menschlicher Patienten und Tierhalter. Wenig Arbeit, wenig Geld, schnelle kurzfristige Wirkung. Hauptsache, die Infektion schnell wieder loswerden. Dabei wird gern vergessen, dass ein Körper mit einer Erkältung auch allein fertig werden kann, vielleicht mit pflanzlicher Unterstützung, was dann eben schlicht und ergreifend etwas länger dauert. Resistenzen werden vermieden und das Immunsystem geht durchaus gestärkt hervor. Man erhält sich die Wirksamkeit eines AB für potentiell wesentlich gefährlichere Erkrankungen als vielleicht eine harmlosen Erkältung. Beim Menschen (im Gegensatz zum Kaninchen) kommt hinzu, dass konventionelles/r Fleisch und Fisch normalerweise stark mit Antibiotika belastet sind, was unbemerkt, aber mittlerweile erwiesenermaßen, ebenfalls zu Resistenzen im eigenen Körper führt.
Das zweite große Problem bei der Einnahme von Antibiotika ist die Tatsache, dass zwar unsere Zellen nicht angegriffen werden, jedoch durchaus unsere „guten“ und lebensnotwendigen Bakterien vor allem im Darm. Gerade bei den Kaninchen, deren Darm einer der großen empfindlichen Schwachpunkte darstellt, kann eine Zerstörung der fragilen Darmflora schwerwiegende und langfristige Konsequenzen haben. Bei empfindlichen Tieren kann das System dauerhaft geschädigt werden und die Tiere leiden ihr Leben lang an Anfälligkeiten wie Tympanien, Durchfällen usw.

Der verantwortungsvolle Umgang mit Antibiotika

Was ist also die Konsequenz aus diesem Wissen – wie setzt man Antibiotika sinnvoll beim Kaninchen ein?
Es gibt verschiedene Aspekte, die zu beachten sind. Vor einer Antibiotikagabe ist immer ein Resistenztest anzufertigen. Bestehen Sie dabei auf eine Untersuchung des infektiösen Sekrets, z. B. des Eiters. Lassen Sie im Labor ein Antibiogramm erstellen. So lernt man den „Feind“ überhaupt erst einmal kennen und weiß, wie ihm richtig beizukommen ist. Falsche Antibiotikagaben kosten oft wertvolle Zeit und stellen eine unnötige Belastung dar.
Wird ein Antibiotikum oral gegeben, ist das Mindeste, was man für die Darmflora tun kann, die parallele Gabe von Probiotika wie „Bird Bene Bac“ oder „Omniflora N“ beispielsweise. Trauen Sie sich allerdings zu, das Tier selbst zu spritzen, stellt dies eine schonende Variante dar. Aller Anfang ist schwer, es kostet Überwindung, aber hat man „den Dreh“ raus, ist es wirklich sehr komfortabel, stressfrei und einfach vor allem für das Kaninchen. Sprechen Sie mit ihrem Tierarzt – die meisten stehen diesem Thema sehr offen gegenüber. Und das Magen-Darm-System ihres Tieres bleibt weitgehend verschont.
Bei einer präventiven Gabe eines AB, z. B. begleitend zu einer Weibchenkastration, sind Nutzen und Risiken abzuwägen. Normalerweise ist es nicht nötig, die Kaninchen unter AB zu setzen, solange keine Komplikationen auftreten und das Tier ansonsten gesund ist. Auch bei Tieren, die unter Kaninchenschnupfen leiden, ist der Einsatz von AB gut abzuwägen, da man sich jede Chance, einen schlimmen Schnupfenschub doch eindämmen zu können, schnell verbaut.
Beim Kaninchenschnupfen selbst ist es seitens Tierärzte doch sehr beliebt, „mal eben schnell“ mit AB zu therapieren – leider. In der Regel sind die Erreger sowieso multiresistent und die erwünschte Wirkung tritt selten ein. Es gibt viele Alternativen wie Paramunitätsinducer, Kaltinhalation, pflanzliche Präparate, mit denen diese unheilbare (!) Krankheit symptomatisch vor allem im Anfangsstadium sehr gut zu behandeln ist. Auch hier sollte die Antibiotikagabe eher das letzte Mittel der Wahl sein. In letzter Zeit lässt sich eine Tendenz zurück zum Penicillin feststellen. Penicilline werden von Kaninchen aufgrund ihres empfindlichen Magen-Darm-Traktes vor allem oral schlecht vertragen, weswegen sie in jedem Fall gespritzt werden müssen. Verwendet werden hauptsächlich Veracin und Retacillin – i. d. R. auch über mindestens 4 Wochen, wobei die Tiere nur alle 2 – 3 Tage eine solche Spritze erhalten. Wie bei allen Medikamenten gibt es Tiere, die Penicillin gar nicht vertragen, dann muss sofort abgesetzt werden. Viele haben dennoch gute Erfolge eben vor allem bei den hartnäckigen Eitererkrankungen, die normalerweise durch die Erreger des Kaninchenschnupfens ausgelöst werden. Auch bei eitrigen Zahnerkrankungen sowie bei Encephalitozoonose haben sich längere Penicilllingaben in Kombination mit Darmaufbaupräparaten schon gut bewährt.

Fazit

Bakterien sind lebensnotwendig, Bakterien können aber auch schwere Krankheiten hervorrufen. Und genau so können Antibiotika als Mittel gegen diese Erreger Leben retten – keine Frage. Es gibt Situationen bei Mensch und Tier, die bedürfen einer Antibiotikagabe – pflanzliche und homöopathische Mittel können unterstützend und vor allem in der Nachsorge sinnvoll sein. Aber vor allem bei lebensbedrohlichen Situationen hat die „klassische Schulmedizin“ definitiv Vorrang. Nichtsdestotrotz sind es starke Medikamente mit Nebenwirkungen und diese sind immer unter Abwägen der Vor- und Nachteile sowie mit Bedacht und Verstand einzusetzen. Lassen Sie sich nicht von ihrem Tierarzt abspeisen, fragen sie nach, schreiben sie sich immer die eingesetzten Medikamente auf und beobachten sie ihr Tier, vor allem dessen Fressverhalten und Veränderungen des Kotabsatzes genau, wenn es unter Antibiotika gesetzt wird. Weitere Infos zur alternativen Schnupfenbehandlung und den Einsatz von Antibiotika entnehmen sie bitte unserem Artikel zum Thema „Kaninchenschnupfen“.